"Krabat" nach Otfried Preußler

Gestern durfte ich die Premiere von „Krabat“ nach Ottfried Preußler in der Inszenierung von Andreas Wiedermann erleben. Und zu erleben gab es da so Einiges.
Man betritt den Raum und trifft auf ein ungewohntes Bild – vier Musiker, die sich mit ihren Instrumenten in der Ecke des Theatersaals aufgebaut haben und das Stück virtuos begleiten. Eine Bühne, auf der nur ein kleines Lichterdorf erhellt ist.
Der junge Krabat, verlässt seine Freunde, um beim Müller in Schwarzkolm in die Lehre zu gehen. Doch er lernt dort nicht nur das Mehlhandwerk, sondern auch die schwarze Magie und Freundschaften und Liebe kennen. Alles immer verbunden mit viel Schmerz und Arbeit, denn ohne den nötigen Anreiz ist das schönste Schlaraffenland nichts. Kann Kantorka, die junge Sängerin aus dem Dorf, Krabat und seine Mitgesellen erlösen und den Bann der schwarzen Mühle brechen?
Die Inszenierung von Andreas Wiedermann hält sich weitestgehend an die Motive des Erfolgsromans von Otfried Preußler. Er verzichtet auf ein Bühnenbild und arbeitet mehr mit Requisiten. Das tun viele junge Regisseure, um das Publikum zu beeindrucken. Was dadurch oft erzwungen und gewollt anmutet, ist bei Wiedermann geradezu natürlich und geht im Spiel seines hervorragenden Ensembles gewollt verloren. Die Figuren sind es, die das Publikum in der ausverkauften Premierenvorstellung berühren und zu einem nicht enden wollenden Beifallssturm am Schluss verführen.
Allen voran Friedrich Spieser, der in der Rolle des Krabat seine Verzweiflung und eine grazile Eleganz zum Ausdruck bringen kann. Unterstützt wird er in seinem Spiel vom fabelhaften Urs Klebe als Tonda und Franz Brandhuber als Juro. Beide Darsteller bestechen sowohl durch ihre Stimmarbeit, als auch durch ihre Mimik und Gestik.
Ein absolutes Highlight sind die komischen und extravaganten Einlagen von David Thun in der Rolle des Spaßvogels Andrusch. Trotz der lustigen Art des Charakters, gelingt Thun ein glaubhafter Wechsel zur verzweifelten Seite am Abgrund, die auch vor Selbstmord nicht zurückschreckt.
Einziges Manko, die Nacktszene, die habe ich jetzt nicht wirklich für nötig erachtet, wenngleich ich dem Darsteller zu seiner Hingabe an die Rolle gratulieren muss.
Auch Simon Brüker kann als Mischa durchweg überzeugen und verleiht seiner Rolle eine Würde, die ich im Buch so nicht empfangen habe, aber sehr begrüße.
Lisa Erdmann gelingt ein besonderer Streich, denn sie zeigt durch ihr Spiel auf, dass es nicht immer einen Mann braucht, wenn eine fähige Frau bereit steht.
Matthias Lettner liefert eine solide Schauspielleistung ab, allerdings reicht mir das nicht ganz aus. Sein Lyschko müsste, meines Erachtens, verschlagener und missgünstiger sein, als er ihn darstellt. Er bleibt mir zu brav.
Auch Clemens Nicol konnte mich gestern Abend nicht überzeugen. Sein Meister war für meinen Geschmack nicht annähernd furchterregend genug. Seine Stimme modulierte nicht wirklich, sondern wechselte lediglich von sehr leise in sehr laut – mir fehlten hier die Zwischentöne, das Bösartige, Arrogante und zum Ende Angstverzerrte. Sein Zusammenspiel mit Friedrich Spieser war allerdings tadellos.
Christina Matschoss tat mir ein wenig leid, aber das ist der Rolle der Kantorka geschuldet, die auch im Buch eigentlich nicht mehr als schmückendes Beiwerk ist. Von ihr hätte ich an anderer Stelle gern mehr gesehen.
Die Inszenierung selbst ist für mich aber ein absoluter Erfolg. Kreativ wurden schwierige Themen umgesetzt und durch einfache Mittel herrliche Bilder, zum Beispiel eine wundervolle Schneeszene, gezeichnet. Auch das Problem der Rabenverwandlung wurde souverän gelöst. Wenn meine Zeit es erlaubt, werde ich dieses Stück auf jeden Fall noch einmal sehen und empfehle es jedem, der einen Theaterabend voller Gefühl, Spannung und Moral erleben und einfach den Zauber der Jugend zurückhaben möchte.
Das Stück wird noch bis zum 11.02.2012 jeweils Donnerstag bis Samstag gespielt.
Karten können Sie über die Homepage des Theaters bestellen.
Copyright: Matthias Lettner

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